Dienstag, 14. Juli 2009

Fujisan

[Update]: Hab ein paar Bilder von Robert und Tim hinzugefügt, auf denen ich auch zu sehen bin ;)

Ein japanisches Sprichwort lautet (frei übersetzt):

Nur wer den Mount Fuji bestiegen hat ist ein richtiger (japanischer) Mann... wer es zweimal tut ist ein Narr!
Diesem Sprichwort kann ich nun aufgrund eigener Erfahrungen in jeder Hinsicht zustimmen! :D

Aber fangen wir Vorne an: In der Nacht von Sonntag auf Montag haben wir uns aufgemacht um den Mount Fuji zu besteigen. Warum zum Teufel in der Nacht? Um von dort Oben Morgens um 4:30 die Sonne über dem Pazifik aufgehen zu sehen!

Zuerst mal ein paar Infos zum Berg:
Der Mount Fuji ist ein ruhender Vulkan mit einer Höhe von 3776m. Zum Vergleich: der Brocken ist niedliche 1141m hoch, die Zugspitze immerhin 2962m. Er hat die ideale Form eines Vulkans, also ein Kegel mit Krater am Ende. Deshalb ist er ein beliebtes Motiv für Fotos, wenn er mal ausnahmsweise nicht in Wolken gehüllt ist (ich zweifle immer noch daran das das möglich ist...). Die meiste Zeit des Jahres ist die Spitze mit Schnee bedeckt. Klettersaison ist im July und August wenn der Schnee getaut ist. 3000 Besucher wagen sich dann täglich an den Aufstieg (kann also nicht so schwer sein denkt man jetzt). 10 Stationen gibt es auf dem Weg zum Gipfel. Startpunkt ist meist die 5. Station auf 2300m, es gilt also 1476 Höhenmeter zu überwinden.

Dort war dann auch unser Ausgangspunkt. Um 22 Uhr machten wir uns auf den Weg. Unwissend wie wir waren, hielten wir uns für recht gut ausgerüstet. Einige Touristen machten sich in Shorts und ohne Jacke auf den Weg (die Armen Trottel), die Japaner hingegen waren meist perfekt ausgestattet: Wanderstöcker, Helmlampe, Regenanzug, festes Schuwerk, Funkgerät für den Notfallfunk ... Haben wir uns nix bei gedacht, sind halt Japaner... Unsere Ausrüstung: 2 Pullis, Regenjacke, Mütze, Jeans und Straßenschuhe. Dazu hab ich mir Socken über die Hände gezogen. Rückblickend muss ich sagen, das war das absolute Minimum!

Die ersten Meter waren recht entspannend. Auf gut befestigten Wegen ging es Aufwärts. Easy! Ab der 6. Station dachten wir jedoch wir sind im falschen Film. Man musste sich plötzlich über große Lavasteine gerade den Berg hocharbeiten! Es gibt zwei Wege den Berg hinauf, was uns jedoch erst im Nachhinein bewusst geworden ist: einen "Hiking" (Wandern) und einen "Climbing" (Klettern) Weg. Den feinen Unterschied werde ich so schnell nicht vergessen, wobei man bei "Climbing" stellenweise auch noch ein "Free" ergänzen könnte! Oh was haben wir über die Kopflampen der Japaner geschmunzelt... so eine hätte mir das Klettern wesentlich erleichtert.
Es wurde immer steiler. Die einzige Führung bestand aus Ketten an Eisenstangen, jeweils rechts und links, meist mit 3-5m Abstand. Einen klaren Pfad oder so gab es selten. Teilweise musste man sich echt einen Moment hinstellen und sich mit der Taschenlampe einen Überblick verschaffen. Mit der Höhe nahm auch der Wind zu. Plötzliche Windböen, die auch noch bergab gerichtet waren, konnten einen gehörig aus dem Gleichgewicht bringen! 1,5 Hände waren nicht immer genug (Taschenlampe blockierte ja eine Hand) und die Böen hatten die Angewohnheit im ungünstigsten Moment zuzuschlagen. Ab der 7. Station ließ der Kletteranteil zum Glück nach. Ab der 8. ging es den nur noch in Serpentinen Bergauf.

Ein Problem geht und ein Anderes kommt: Ab 3000m spürt man die Symptome der Höhenkrankheit recht deutliche. Durch den geringeren Luftdruck sinkt der Anteil an Sauerstoff den man mit einem Atemzug aufnehmen kann. Also schneller Atmen. Das dumme ist nur, dass der Körper die Atemfrequenz anhand des CO2-Gehaltes reguliert und der nun mal nicht steigt. Man muss also selber daran denken schneller und tiefer Einzuatmen!
Wenn man das nicht tut sind die typischen Symptome Kopfschmerzen, Verwirrung, Sinnestäuschungen und natürlich die stark verringerte Leistungsfähigkeit. Bis auf Letzteres bin ich zum Glück verschont geblieben. Nahe des Gipfels wurde das allerdings zum echten Problem: vier(!!!) Schritte und man war aus der Puste, 10m und es ging nix mehr! 5-6 mal Durchatmen und es war wieder OK. Die Pumpe war eigentlich immer am Anschlag. An Reden war nicht zu denken, ein Wort = ein Schritt weniger. Als Benni zur eigenen Erheiterung vor sich hinsingen wollte, hat er das sehr schnell gemerkt...

Ab der 9. Station kam dann noch ein Problem hinzu: STAU! Die leichte und die schwierige Route trafen sich hier und es reihte sich ein Japaner an den Nächsten! Stop and Go.... Da wir recht großzügige Pausen gemacht hatten, geriet unser Plan, den Sonnenaufgang vom Gipfel zu erleben, arg ins wanken. Also ausscheren und überholen! Gar nicht so einfach bei der dünnen Luft aber was will man machen...
Das war einer der Momente an dem ich an den Grenzen meiner physischen und psychischen Leistungsfähigkeit war (oder auch dadrüber hinaus je nachdem wie man das definiert). Zum Glück musste man an den Kurven meist warten und konnte etwas Sauerstoff für den nächsten Sprint aufladen :). Die Windböen waren nun mit kleinen Steinen angereichert und so hefftig, dass ich mich 2-3 mal zu Boden werfen musste.

Belohnung nach 6 Stunden inklusive Pausen für die ganze Anstrengung: ein "Atemberaubender" Sonnenaufgang...

Lange hielt es uns nicht oben: Es war kalt (5 Grad). Es war windig(~60km/h in Böen!!!). Wir waren erschöpft. Also Fotos gemacht und ab nach unten. Diesmal auf dem leichten Weg. Dieser bestand aus losem Lava-Kies in den man 5-10cm einsank. Gut für die Knie, schlecht für meine Halbschuhe die nun deutliche Spuren aufweisen... Trotz des weichen Kieses wünschten sich meine Knie recht bald ein paar Wanderstöcke zu Entlastung. 8 Stunden zuvor: "Haha diese Japaner mit ihren Stöckchen...", hinterher ist man halt immer klüger. Der Wind ließ uns auch nicht in Ruhe und ärgerte uns wieder mit kleinen Steinchen. Nachdem wir einmal falsch abgebogen waren und eine gefühlte Ewigkeit wieder Bergauf mussten, waren wir nach 3 Stunden Abstieg wieder an unserem Ausgangspunkt angekommen. Wir mussten allerdings noch 2 Stunden auf unseren Bus warten :(

Fazit: Es ist nicht nur die tollen Aussicht, die dieses Erlebnis unvergesslich macht, sondern auch das Wissen, seine Körper bis ans Limit gebracht zu haben! Und natürlich auch ein klein wenig Stolz ;)

ABER... so einen Scheiss werde ich NIE WIEDER machen! :D

So und wer bis hierhin meinen erschreckend langen Text ertragen hat darf sich nun auch die Bilder ansehen...
Fujisan

2 Kommentare:

sprengben hat gesagt…

Sehr gut geschrieben, habe mich gut amüsiert. Der letzte Satz resümiert das Ganze sehr treffend!^^ Aber reden wir nochmal am Ende des Lebens drüber okay?
Zu deinem letzten Foto:
Ja auf jedenfall ein Anwärter, hammer Foto, aber auch der Text kann sich mit dem Titel titulieren............!
Daumen hoch!

Steven hat gesagt…

Danke!
Dafür ging auch heute der ganze Tag drauf :D